Es gibt Phänomene, die sich rasant schnell verbreiten. Zu diesen Phänomenen zählen die Sichtzeichen.
Ich liebe die Eleganz und Würde der Ausbildung mit Sichtzeichen. Hunde, die auf Fingerzeig erwünschtes Verhalten zeigen und dabei ihr Herrchen oder Frauchen anbetend anschauen.
Hundeausbildung ohne Worte nur durch lässige Handbewegung – traumhaft und bei mir mit Schwung an der Realität vorbei.
Ich habe schon mein Leben lang Hunde erzogen und ausgebildet. Sie alle haben recht beachtlich gehorcht und ihre Sache im Großen und Ganzen sehr gut gemacht.
Ich würde sagen wir waren ein aufeinander eingespieltes Team, indem ausgesprochen deutlich kommuniziert wurde.
Ich lobe, laut und überschwänglich – mein Hund soll meine Begeisterung über sein Verhalten eindeutig verstehen können.
Ich motiviere und feuere an, wenn ein junger Hund meine Unterstützung für sein Tun benötigt.
Mit ruhigen, klaren Worten bringe und halte ich meinen Hund in einer Position oder Ruhestellung.
Ich schimpfe mit bösem Gesichtsausdruck sobald er sich zu Schandtaten aller Art aufmacht und ich brülle deutliche Abbruchbefehle um Schlimmes zu verhindern.
Ich gebrauche die gesamte Palette der Sprache und der dazugehörigen Mimik und Gestik.
Dadurch entsteht für den Hund ein authentisches, verständliches Gesamtbild.
Natürlich spreche ich zu Hunden nicht in ganzen Sätzen und ich erkläre ihnen nicht komplizierte Zusammenhänge. Ich teile ihnen auch nicht mit, wenn ich kurz das Haus Richtung Mülltonne verlasse und in zwei bis drei Minuten voraussichtlich zurück sein werde.
Doch richte ich KLARE Worte an sie, wenn ich mit ihnen in Kontakt trete oder wir uns gemeinsam einer Aufgaben widmen.
Mich erinnert es immer an japanisches (oder chinesisches Schattenboxen) wenn Hundehalter ihre Hunde „nur“ auf Sichtzeichen ausbilden wollen.
Bei Menschen mit Einschränkungen in Form von Sprach- oder Hörbehinderungen eine durchaus sinnvolle Alternative, für alle anderen Hundehalter eher eine schwer zu bewältigende Herausforderung.
So befindet sich der kleine Welpe in der Welpenstunde mit vielen anderen kleinen Welpen und findet die Welt klasse. Nun kommt Herrchen oder Frauchen mit erhobenem Zeigefinger und bedeutendem Gesichtsausdruck und tritt vor den Hund. Der schaut durchaus interessiert an Frauchens Beinen vorbei zu den anderen kleinen Hunden.
Den Zeigefinger, gut 1m über sich, sieht er gar nicht! Also weiß er auch nicht, dass er „Sitz“ machen soll. Frauchen oder Herrchen sind nun etwas überrascht, klappt genau diese Übung im heimischen Wohnzimmer doch IMMER und man dachte das Thema sei durch.
Jetzt beginnt ein kleines Tänzchen. Der Halter verbessert mit wiegendem Schritt und nicht mehr ganz so würdevollem Gesichtsausdruck seine Position, der kleine Hund zieht nach und verbessert,
allerdings aus anderer Motivation, seine Position auch.
Nun „tanzt“ der Halter mit gebeugtem Rücken und der eigentlich steil nach oben gerichtete Zeigefinger bekommt Bewegung und wird zum „Schimpfefinger“, den kennt der Hund aber noch nicht, weshalb
er den Finger auch nicht als diesen bewertet.
Hier entsteht eine klassische „Sprachbarriere“. Der Halter kommuniziert „mehrsprachig“ mit einem „Kindergartenkind“.
Das hat etwas von einem Urlaub in Usbekistan, dort bleibt uns Europäern auch nur die „Sprachen Vielfalt“: Hände – Füße – Stammeln.
Beim Platz ist es dann ganz kurios. Die flache Hand wird andächtig zu Boden geführt. Der Hund reagiert nicht, also Hand wieder in die Ausgangsposition und ein weiteres Mal Richtung
Boden.
Um der Forderung Nachdruck zu verleihen wird die Geschwindigkeit erhöht. Die Hand wedelt nun in 30 cm zwischen Hundekopf und Boden auf und ab.
Übersetzt man diese Sprache bedeutet das hoch und runter der Hand genau das, nämlich HOCH -steh auf, RUNTER – lieg ab! Und das in abartiger Geschwindigkeit.
Ein kluger Hund der nun erst einmal abwartet und dabei auch das hinzugekommene, viel wiederholte „Bobby Platz“ ignoriert.
Als Gymnastikübung sehr gut, zur Hundeausbildung zweifelhaft und nur für Hundehalter mit sehr viel Disziplin geeignet, die zudem einen Hund haben der sie unentwegt und in jeder Situation, also auch beim Wegrennen, anschaut!
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