Wenn die Natur nicht freundlich ist prägt sie auf besondere Art ihre Menschen und die
Hunde.
Nicht viele sind diesen besonderen Herausforderungen gewachsen.
Es lebt sich auf unterschiedlichste Arten gefährlich in der Unzugänglichkeit einer der bedeutendsten
Naturlandschaft Nordamerikas und der daraus resultierenden Einsamkeit.
Einsiedler und ihre Hunde waren und sind selten Romantiker, trotzdem werden sie gerne als solche verklärt.
Einsiedler und ihre Hunde sind auf notwendige Weise anspruchsvoll und hart gegen sich und ihre Begleiter.
Einsiedler und ihre Hunde werden geformt wie die natürliche Gegebenheit es von ihnen verlangt. Der Hund der Bewohner des Chesapeake Bay trägt die kernigen Anforderungen seiner Herkunft innerlich
wie äußerlich.
Seine Fellfarben vermischen sich wie auf einer Palette mit den Farbnuancen der Natur.
Braun wie die frische Erde, gelb wie langes, trockenes Gras und rötlich wie der Laubwald.
Möge seine Färbung auf flüchtige Betrachter etwas unscharf oder matt wirken, entfalten sie in natürlicher Umgebung ihre Intensität. In ihr wird ihre natürliche Schönheit sichtbar.
Geformt vom großen Fluss ist sein Fell dicht, ölig und schütz seine Haut vor Wasser und Kälte.
In den rauen Wintermonaten bricht er mühelos mit seinem Körper Eis, um auf der Jagd „seinen“ Job für „seinen“ Menschen zu tun. Versucht sich die Beute durch raffinierte Winkelzüge zu entziehen,
taucht der Chessie einfach hinterher.
Glücklich der, der den Chesapeake Bay Retriever das erste mal auf der Jagd erlebt.
Selten ist es Liebe auf den ersten Blick. Jedoch spürt man unmittelbar die Würde und Erhabenheit der Hunde. Bei der ersten Begegnung murmelt mancher Betrachter ergriffen: „Was sind das für
Hunde?“
Imposant und faszinierend bewahren sie ihre Distanz und verlangen diese ebenso von Menschen und Artgenossen. Unüberlegte distanzlose Übergriffe wie sie ihre Retriever Verwandten fast schon
selbstverständlich über sich ergehen lassen müssen, verbieten sich beim Chesapeake ganz natürlich.
Es braucht ein „ihn erfahren“, ein „auf ihn einlassen“, um in die Seele des Chesapeake zu blicken. Der Chesapeake Bay Retriever verzaubert die Menschen die bereit sind auch einmal neben den
ausgetretenen Pfaden zu gehen.
So anspruchslos an seine äußeren Bedingungen, so anspruchsvoll in Beziehungen.
Er bewacht seine Menschen und dessen Hab und Gut auch wenn dieser es nicht für nötig hält…Entgegen manchem hündischen Jagdkollegen vergisst er das „Wachen“ auch nicht unter der Ablenkung der
Jagd. Mit Waffe und ihrem Chesapeake Bay Retriever braucht sich keine Jägerin im Wald beunruhigen zu lassen.
Selbstbewusstsein und Konsequenz in seinen Handlungen zeichnen ihn aus.
Gleiches verlangt er von seinem Menschen. Er fordert Persönlichkeit und Verlässlichkeit noch etwas radikaler als andere Hunde.
Vor Jahren folgten meine Tochter und ich einer Jagdeinladung ins Glottertal im Schwarzwald. Die Wege waren einen halben Meter dick vereist, im Wald lag eine geschlossene Schneedecke von über
einem Meter. An den Hängen waren umgestürzte Bäume, Felsbrocken und sonstiges Geröll nicht mehr auszumachen. Die drei Chesapeake Bay Retriever einer Jägerin kämpften sich unermüdlich,
systematisch und ohne Kräfteverlust durch diese schwierigen Bedingungen. Gegen Ende dieser anstrengenden Jagd waren wir Menschen und Hunde erschöpft durch die körperliche Anstrengung und die
Konzentration, die dieser Tag uns abverlangte.
Manche Hunde hatten deutliche Blessuren doch die Chesapeake´s standen ungerührt bei ihrem Frauchen. Dies war ein Tag in ihrem Sinne, auch für ihr Frauchen. Zufällig konnte ich hören wie sie einem
anderen Treiber gegenüber äußerte, „es hätte auch noch etwas mehr sein dürfen“…an diesem Tag, der „normalen“ Hunden (auch Terriern) und uns Jägern alles abverlangt hatte!
Die kompromisslose Arbeitseinstellung und Unempfindlichkeit gegen äußere Bedingungen kann keine Befriedigung alleine durch Spaziergänge erfahren.
Im Dummytraining kann der Chesapeake Bay Retriever nicht der schnellste sein. Dafür darf sein Trainingsgelände möglichst unwirtlich und rau sein. Gerne auch mit zugefrorenen Wasserläufen durch
die er sich arbeiten kann.
Seine Hingabe gilt seinem Menschen. Bei ihm wird der Chessie, nach gewissenhafter Persönlichkeitsüberprüfung, weich und sogar charmant.
Zeigen sich die anderen Hunde seines Rudels lebhaft und locker steht der Chesapeake selbstverständlich beobachtend an der Seite des Menschen. Die klugen Augen beobachten wachsam, gelassen und
selbstbewusst ihre Umgebung.
Die Entscheidung für einen Chesapeake braucht Mut und Überlegung. Das Leben mit diesen Hunden fordert den Menschen. Andere Retriever sind sicherlich unkomplizierter oder wir sind eher an ihr
Verhalten gewöhnt. Der Chesapeake mit seiner Distanziertheit und seinem ausgeprägten Wesen verlangt in der Erziehung und Ausbildung Struktur. Gerade seine Anspruchslosigkeit torpediert gängige
Ausbildungsmethoden und zwingt zum „neu denken“.
Denke ich an Chesapeake Bay Retriever habe ich ein bestimmtes Bild vor Augen:
Der Chesapeake Bay Retriever Halter steht etwas abseits einer Veranstaltung…um ihn herum seine ein bis drei verschieden farbigen Chesapeake Bay Retriever…um sie herum, die Umwelt mit anderen Menschen und Hunden, akzeptiert aber nicht zwingend notwendig!
Kommentar schreiben
U. Böhm (Sonntag, 30 August 2020 19:11)
Dieser Artikel beschreibt den Chessie optimal.
Ich habe vor 7 Jahren einen 1 1/2 jährigen Rüden übernommen, an dessen Erziehung und Ausbildung noch gearbeitet werden musste.
Die darauffolgenden 2 Jahre wurden sehr anstrengend. Heute sind wir ein eingespieltes Team.
Die Hingabe zu seinem Menschen habe ich bei seinen Vorgängern anderer Rassen niemals so erlebt.
Ich bedauere nur eins: die Rasse Chesapeake Bay Retriever nicht früher kennen gelernt zu haben, dann wären alle meine Hunde Chessies gewesen.