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Meinem lieben Freund Wilhelm

Mein lieber Freund,

 

an dem Tag, an dem Du mit Deiner viel zu kleinen Hündin in unsere Welpenstunde kamst, konnten wir beide noch nicht erfassen, dass uns ein Jahrzehnt der Freundschaft bleibt.

Am Anfang warst Du ein Kunde, der mit großer Anstrengung versuchte, seinen kleinen Wirbelwind einzufangen und ihm die Grundlagen einer vernünftigen Erziehung angedeihen zu lassen. Zunächst waren die Ansprüche noch bescheiden und bezogen sich auf das Standardprogramm: Sitz, Platz, Leinenführung und natürlich Kommen sollte Kira, immer wenn Du sie rufst, damit die gemeinsamen ausgedehnten Spaziergänge auch Dir Freude machten.

Es war eigentlich nicht Dein Hund. Du hast sie Dir genau genommen „angeeignet“. Kiras rechtmäßiger Besitzer war Dein Sohn. Aber da Du in Sachen „Gewissenhaftigkeit“ nur Dir wirklich vertrautest, übernahmst Du die Hundeschule. Manchmal lachten wir über den großen Mann mit den großen Händen und dem kleinen Hund, der mit seiner Wendigkeit jede Lücke fand und das Ungelenke ausspielte und austanzte. Du lachtest mit, wurdest besser und Kira größer. 

 

Du warst der Mittelpunkt der Gruppe. Die Plätze rechts und links neben Dir waren begehrt. Das man als Fünfter in der wartenden Reihe noch nicht über die gestellte Aufgabe Bescheid wusste, lag an den guten Gesprächen mit Dir, über Hunde natürlich, was sonst.

Dein Ehrgeiz war geweckt und als wir Dich und Kira nach einer Zeit des Grundlagentrainings zu einem „Dummietraining“ einluden, war es um Dich geschehen.

 

Martina mit ihren Goldens „Joker“ und „Finley“ beeindruckte Dich mit ihrem hohen Niveau der Dummiearbeit. Nun hattest Du Dein konkretes Ziel klar vor Augen. Es folgte eine Dummieweste, Dummies in hoher Stückzahl, die Aigle Gummiestiefel für Sommer und Winter, ACME Pfeifen und der Jimny von Suzuki.

Du wolltest alles wissen, schenktest uns Dein Vertrauen und Deine Zeit. Wir redeten über Hunde, nicht nur aber auch, während Du uns bei den anfallenden Arbeiten in unserem Hundepark behilflich warst. Deine Hilfsbereitschaft war so selbstverständlich für Dich und anfangs so ungewohnt für uns. 

Kiras Ehrgeiz hielt Deinem nicht ganz stand. Ihr Interesse galt vielmehr einem Leckerbissen auf dem Feld. Ein Dummy holte sie ganz gerne aber bitte ohne dabei hektisch zu werden. Gab es unterwegs etwas Gutes zu schnuppern, konnte sie auch mal innehalten, das Dummy zur Seite legen, um es dann gemütlich wieder aufzunehmen und lässig zurückzukehren. Du liebtest Kira und Euer Arrangement hielt bis zuletzt. Doch Du brauchtest noch etwas Anderes.

 

Und so trat der schwarze Teufel „Querfeldein Emilia“ in Dein Leben. In Erinnerung bleibt mir der Tag, an dem Du die Zusage für einen Welpen von Dr. Susanne Wisniewski bekamst. Die aufregende Vorfreude und der Stolz, der einen erfüllt, wenn man von einem namhaften Züchter berücksichtigt wird teilten wir so gerne mit Dir.

Emilia kam und stellte Dein Leben noch mehr auf den Kopf! Nun galt es zusätzlich zum „Zusammenwachsen“ noch eine Trainingsstrategie zu entwickeln.  Liska und ich durften Dich begleiten. Wir trainierten fleißig und ernsthaft. Manchmal auf Kosten der Leichtigkeit. Wir waren ein Team in so vielen Bereichen. Du wurdest erfolgreich. Rückschläge waren nicht Dein Ding, weshalb Du die Solchen nur als Lehrstück akzeptiertest.

Emilia wurde zuverlässig und Du feinfühliger. Deine Berichte über die Aufgaben und Bedingungen der Working Tests, meist auf der Heimfahrt im Auto, waren derart lebhaft, dass ich zu Hause auf dem Sofa den Geruch des Waldes und die Strömung des Windes wahrnahm.

 

Eure Erfolge, Emilias Art herauszugehen, das Gelände anzunehmen, zu explodieren, um in den Pausen ruhig neben Deinem Bein zu liegen und Dein offenes, freundliches Wesen brachten Euch Respekt, Anerkennung und freundschaftliche, persönliche Begegnungen.

 

 

„Die Zeit mit meinen Hunden, das Training und die Working Tests sind mit meine glücklichsten Stunden!“, sagtest Du immer wieder.

Du wurdest Teil des Teams im Hundepark. Deine Stunden waren immer gut besucht und Hund und Halter strahlten beim nach Hause gehen. Du erfülltest alle Voraussetzungen eines wirklich guten Hundetrainers. Kreativität, Freundlichkeit, Geduld, Ausstrahlung und ein großes Herz für alle Arten Hunde und Menschen. Auch wenn Du selbst im Labrador „Deine Rasse“ unumstößlich gefunden hattest, schätzte und achtest Du alle Hundekinder, reinrassig oder bunt gemischt.

 

Daneben gab es für Dich und mich immer unsere tiefe Freundschaft. Natürlich waren die Hunde unser wichtigstes gemeinsamen Thema. Du hobst mit Deinen Händen ein verkeiltes Betonrohr aus einem Graben, nur um besser hineinsehen zu können und als meine Terrier nach 24 Stunden völlig verbissen aber lebend heraus spazierten, lagen wir uns weinend, jeder mit einem Terrier auf dem Arm in den Armen. Wir fuhren zum Tierarzt, sahen aus wie einmal durch den Lehm gezogen und hatten Mühe die Terrier auf Adrenalin abzuhalten die mit uns wartenden Katzen zu fressen. Solche Geschichten habe ich viele zu erzählen und zu erinnern.  Aber auch unsere Gespräche über persönliche Entwicklung, Haltungen zu den Dingen und Wünsche waren Bestandteil unserer Freundschaft. Wir konnten auch streiten. Dabei ging es nie um Eitelkeiten, jeder Streit vertiefte die Freundschaft und machte uns sicherer.

 

Dann kam die Krankheit, zerstörerisch und gemein. Ja, es stimmt, es war letztlich eine Erlösung für Dich…

 

…aber wieso konnte es nicht einfach bleiben, wie es war, wieso konntest Du nicht gesund bleiben?

 

Wilhelm ich vermisse Dich so sehr, bin so traurig und unglücklich darüber, dass ich mich nie mehr mit Dir freuen kann und ich meine Vorfreude auf meinen Welpen nicht mit Dir teilen kann.

 

Du fehlst mir und uns!

 

Deine Julia

mit Chiara und Liska

 

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Kommentare: 6
  • #1

    Antonia (Montag, 12 April 2021 12:02)

    Liebe Julia, was für ein schöner Rückblick auf unseren gemeinsamen Hundefreund Wilhelm! Wir werden Ihn auch sehr vermissen, da wir gemeinsam immer eine tolle Zeit hatten! Wir wussten was kommen wird, dennoch stand die Welt einem Moment lang still, als die Nachricht uns erreichte! Die Tränen waren unaufhaltsam und ehrlich! Danke für deine Zeit mit uns R.I.P. Wilhelm ���

  • #2

    Birgit (Montag, 12 April 2021 12:37)

    In beeindruckender Erinnerung bleiben mir die kurzen Unterrichtsmomente mit Wilhelm! Eine unglaublich wertschätzende Art für Hund und Halter hat das Zusammensein geprägt! Trauriger Abschied für alle die Wilhelm kannten...für mich und Bandit ! Kraft für seine Familie!

  • #3

    Liska (Montag, 12 April 2021 13:08)

    Ich vermisse ihn so sehr! Er war ein wundervoller Mensch!

  • #4

    Margit (Montag, 12 April 2021 19:00)

    Danke für die schönen Worte zu all Deinen, unseren Erinnerungen an Wilhelm! Lotte und ich durften ihn und Kira vom ersten Retriever-Kurs an und beim Mantrailing über mehrere Jahre erleben. Er war immer ein Kamerad, im allerbesten Sinne des Wortes! Vergesse nie seinen Kommentar zu den Anfängen der Dummie-Arbeit: "Abend für Abend sitzt man im Sessel, neben sich den Hund: Dummie rein, Plöpp Dummie raus, Dummie rein, Plöpp Dummie raus, Dummie rein, Plöpp...". Wir haben Tränen gelacht! Jetzt weinen wir, weil wir traurig sind, uns aber auch gerne an die vielen schönen Momente mit Wilhelm erinnern! Lieber Wilhelm RiP!

  • #5

    Richard B. (Montag, 12 April 2021 22:01)

    Das hat er wirklich immer gesagt... egal wieviel Stress oder wie schlecht es Ihm geht, sobald er mit dem Hund trainiert, ist er glücklich...
    Sehr berührend was du geschrieben hast Julia. Wir haben Ihn auch immer bewundert. Ruhe in Frieden lieber Wilhelm. In Anteilnahme, Richard und sein Hektor

  • #6

    Thomas (Montag, 12 April 2021 22:43)

    Liebe Julia, Du hast wunderbare Worte gefunden. Auch ich habe immer sehr gerne mit Wilhelm trainiert, mich von seinem Ehrgeiz anstecken lassen. Ich vermisse ihn. Ich muss oft daran denken,als du Wilhelm und mich, bei höchstens 10 Grad Wassertemperatur in die brigach schicktest, damit Emilia und Ira ans Wasser gewöhnt werden, natürlich hatte keiner seine Gummistiefel dabei..